Appellationsgericht - Strafsachen

Die strafrechtliche Berufung

Mit der Berufung können Urteile des Strafgerichts und des Jugendgerichts angefochten werden, mit denen das erstinstanzliche Verfahren durch eine Verurteilung der angeklagten Person oder durch einen Freispruch abgeschlossen worden ist. Die Voraussetzungen dieses Rechtsmittels sind in der Schweizerischen Strafprozessordnung geregelt.

Die Berufung ist dem erstinstanzlichen Gericht innert 10 Tagen seit Eröffnung des Urteils schriftlich oder mündlich zu Protokoll anzumelden. Das Strafgericht übermittelt die Berufungsanmeldung nach Ausfertigung des begründeten Urteils zusammen mit den Akten dem Appellationsgericht. Anschliessend hat jene Person, die Berufung angemeldet hat, eine schriftliche Berufungserklärung einzureichen. Darin ist anzugeben, ob das Urteil vollumfänglich oder nur in Teilen angefochten wird, welche Abänderungen des Urteils verlangt werden und allenfalls welche Beweisanträge gestellt werden. Diese Berufungserklärung ist in jedem Fall erforderlich, ansonsten das Rechtsmittel nicht gültig ist. Auch ist deren Inhalt verbindlich. Wer also zunächst nur Teile eines Urteils angefochten hat, kann später seine Berufungsanträge nicht auf weitere Punkte ausdehnen.

Die Berufungserklärung wird anschliessend den andern Prozessparteien, d.h. bei einer Berufung durch die beschuldigte Person der Staatsanwaltschaft und allfälligen Privatklägern, insbesondere Geschädigten oder Opfern, zugestellt. Darauf können diese innert 20 Tagen Anschlussberufung erklären. Die Anforderungen an diese Erklärung sind dieselben wie an die Berufungserklärung. Wird auf die Berufung der beschuldigten Person Anschlussberufung erhoben, so kann das angefochtene Urteil im Berufungsverfahren nicht nur zu deren Gunsten, sondern auch zu deren Ungunsten abgeändert werden.

Die Überprüfung durch das Appellationsgericht richtet sich nach den Anträgen der Berufung und einer allfälligen Anschlussberufung. In Bezug auf die angefochtenen Punkte kann es das Urteil in der Regel umfassend überprüfen, also sowohl in Bezug auf die Feststellung des zur Anklage gelangten Sachverhalts, also auch die Rechtsanwendung und Angemessenheit. Einschränkungen gibt es jedoch, wenn nur Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen sind oder wenn sich die Berufung auf den Zivilpunkt, also z.B. auf die von der geschädigten Person oder dem Opfer geltend gemachten Schadenersatz- und/oder Genugtuungsforderungen beschränkt.

Im Berufungsverfahren findet in der Regel eine mündliche Verhandlung vor dem Appellationsgericht statt. Unter bestimmten im Gesetz festgelegten Voraussetzungen kann das Gericht jedoch auf die Durchführung einer Verhandlung verzichten und im schriftlichen Verfahren entscheiden. Hierzu wird der Partei, welche Berufung erhoben hat, Frist zur Einreichung einer Berufungsbegründung gesetzt, wozu sich die weiteren Beteiligten dann schriftlich äussern können.

Erachtet das Berufungsgericht die Berufung oder Anschlussberufung ganz oder teilweise als begründet, so fällt es in der Regel einen eigenen Entscheid über die Anklage und die geltend gemachten Zivilforderungen. In Ausnahmefällen kann die Sache aber auch an das erstinstanzliche Gericht zur Neubeurteilung zurückgewiesen werden.

Die beschuldigte Person hat für ihre Berufung keinen Kostenvorschuss zu leisten, während für die Berufung einer Privatklägerin bzw. eines Privatklägers ein solcher verlangt werden kann. Die definitive Kostentragung richtet sich nach dem Ausgang des Verfahrens. Wird einer Privatklägerschaft eine unentgeltliche anwaltliche Vertretung bewilligt, was unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen möglich ist, wird sie auch im Falle ihres Unterliegens von der Bezahlung von Prozesskosten befreit. Die beschuldigte Person hat hingegen bei Abweisung ihrer Anträge im Berufungsverfahren in jedem Fall die Gerichtskosten zu tragen. Dies gilt auch dann, wenn ihr die amtliche Verteidigung bewilligt worden ist, d.h. wenn die von der anwaltlichen Verteidigung geleisteten Bemühungen vom Staat bezahlt werden. Für solche Fälle gilt, dass die verurteilte Person noch während 10 Jahren seit Rechtskraft des Entscheids dem Staat die für sie aufgewendeten Verteidigungskosten zurückzuzahlen und der Verteidigung die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar zu erstatten hat, wenn sich ihre finanziellen Verhältnisse ändern, d.h. verbessern.

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Die strafrechtliche Beschwerde

Die Beschwerde ist zulässig gegen die nicht berufungsfähigen Entscheide, Verfügungen und Verfahrenshandlungen des Strafgerichts, des Jugendgerichts und des Zwangsmassnahmengerichts, welches insbesondere für die Verhängung von Untersuchungshaft zuständig ist, sowie der Staatsanwaltschaft und der Polizei. Nicht berufungsfähige Entscheide der Gerichte sind solche, mit denen das Verfahren nicht durch einen Schuld- oder Freispruch zum Abschluss gebracht worden ist, sondern z.B. das Verfahren aus formellen Gründen eingestellt worden ist. Gar nicht anfechtbar, also auch nicht mit Beschwerde, sind hingegen sog. prozessleitende Verfügungen, insbesondere auch Verfügungen der Instruktionsrichterin bzw. des Instruktionsrichters betreffend Ablehnung eines Beweisantrags einer Prozesspartei, denn dadurch erleidet diese in der Regel keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil.

Mit der Beschwerde können die gleichen Rügen wie mit der Berufung vorgebracht werden (Rechtsverletzungen, unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts, Unangemessenheit).

Die Beschwerde ist nach schriftlicher oder mündlicher Eröffnung eines Entscheides innert 10 Tagen schriftlich und begründet beim Appellationsgericht einzureichen. Auf Beschwerden, die unbegründet bleiben, wird nicht eingetreten. Nach Eingang einer Beschwerde erhält die Gegenpartei in der Regel Gelegenheit, sich zur Beschwerde zu äussern. Erweist sich allerdings die Beschwerde von vornherein als unbegründet, kann auf die Einholung einer solchen Stellungnahme verzichtet werden.

Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich schriftlich. Es findet also in der Regel keine Verhandlung statt. Wird die Beschwerde gutgeheissen und der angefochtene Entscheid aufgehoben, wird die Sache – allenfalls mit entsprechenden Anweisungen – an die Vorinstanz zurückgewiesen. Nur in Ausnahmefällen entscheidet das Appellationsgericht selbst in der Sache. In Bezug auf die Kosten gilt dasselbe wie bei der Berufung.

Nicht anfechtbar mit Beschwerde sind Strafbefehle, gegen die innert 10 Tagen Einsprache bei der Staatsanwaltschaft erhoben werden kann. Erfolgt eine solche Einsprache, so wird der Strafbefehl zur Anklageschrift. Darüber entscheidet das Strafgericht, dessen Urteil dann in der Regel mit Berufung an das Appellationsgericht weitergezogen werden kann.

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